Mit dem Xiom Jekyll & Hyde V47.5 brachte die koreanische Tischtennismarke Xiom einen Belag heraus, den ich so nicht erwartet hätte. Ganz klar hatte ich beim V47.5 und V52.5, der härteren Belagversion, mit Hybridbelägen gerechnet, schließlich wurden die Beläge mit dem vereinen der Vorteile aus zwei verschiedenen Konzepten angepriesen.
Nach etwas Recherche war zum einen klar, dass Xiom tatsächlich auch Hybrid Versionen der Jekyll & Hyde Belagserie herausbringt, nur halt mal wieder nicht in Europa auf den Markt bringt. Ich möchte herzlich bei Xiom bedanken, die mir die Jekyll & Hyde Beläge, als auch zwei Testhölzer, das Xiom 36.5 ALXi und das Xiom TMXi An JaeHyun, zur Verfügung gestellt haben.
Xiom Jekyll & Hyde V47.5 – Konkurrenz für die TOP-Beläge?
In der Vergangenheit hat Xiom bereits sehr gute Tischtennis Beläge herausgebracht, die bei vielen Tischtennisspielern sehr beliebt sind und den sonstigen Platzhirschen am Markt mächtig Konkurrenz machen. Man denke an den Xiom Vega Pro, der bei vielen lange als beste Tenergy 05 Alternative galt, was mitunter am absoluten TOP Preis-Leistungsverhältnis liegt.
Sehr überzeugen kann auch der Xiom Vega X, welcher als modernes Update des Vega Pro ein wirklicher Verkaufsschlager ist. Daneben sind Beläge wie der Xiom Omega V Tour oder der Xiom Omega VII Pro weitere interessante Alternativen für das moderne Angriffsspiel. Ich selbst spiele seit einiger Zeit den Xiom Omega V Euro, welcher an die Performance von härteren Belägen heran kommt, aber zugleich sehr variabel spielbar ist.
Doch wo reiht sich ein Xiom Jekyll & Hyde V47.5 ein? An dieser Stelle muss ich ein wenig vorgreifen und möchte ganz klar sagen, dass der Belag allein vom Konzept und den Ansprüchen her eine eher unbesetzte Nische ausfüllt, als dass man eine große Revolution erwarten könnte.
Es ist auch schwierig, sich in der Fülle von Tischtennis Belägen abzuheben und zum anderen Mainstream-Anforderungen zu erfüllen. Ich denke nicht, dass man bei Xiom seine bisherigen TOP-Produkte in Frage stellen möchte, sondern eine weitere Möglichkeit anbieten kann, um erfolgreich Tischtennis zu spielen.
In Laufe meines Tests werde ich und muss ich eine Reihe von Vergleichen zu anderen Belägen heranziehen. Gibt es bereits einen Belag wie den Jekyll & Hyde V47.5? Oder ist der Belag einzigartig und bietet etwas völlig neues? Und vielmehr braucht es diesen Belag überhaupt?
Technische Eigenschaften des Xiom Jekyll & Hyde V47.5
Zunächst einmal war ich, wie oben schon angedeutet, ziemlich verdutzt, als ich keinen Hybridbelag mit klebrigem Obergummi in meiner Hand hielt. Vielleicht kennt ihr das selbst. Man erwartet etwas ganz bestimmtes. Und wenn man dann etwas ganz anderes erhält, ist die Verwunderung groß.
Beim Betrachten des Xiom Jekyll & Hyde V47.5 ist auf den ersten Blick nichts auffälliges bemerkbar. Ein Standard ESN Tensorbelag, wie ich ihn schon hunderte Male vor Augen hatte. Der schwarze Xiom-Schwamm besitzt feine Poren und scheint von der Härte her genau im angegeben Bereich zu liegen.
Bei der Noppenstruktur konnte ich allerdings etwas ungewöhnliches feststellen. Die Noppenhälse sind recht lang, aber auch breit ausgelegt. Dadurch wirkt das Obergummi recht kompakt, obwohl es bei dieser Noppenlänge weicher sein müsste. In diesem Konzept liegt wohl das Geheimnis des Belags.
Leider sorgt die breite und lange Noppenstruktur womöglich auch für das vergleichsweise hohe Gewicht. Mein Testexemplar (rot Max.) brachte mit Verpackung 107,15g auf die Waage. Der ungeschnittene Belag wog 72,39g. Geschnitten auf das Xiom TMXi An JaeHyun verbleiben 51,26g auf dem Schläger.
Spieleigenschaften des Xiom Jekyll & Hyde V47.5
Beim Einspielen verhält sich der Xiom Jekyll & Hyde V47.5 deutlich kompakter als erwartet. Ich konnte die Konterbälle direkt und problemlos platzieren. Die Grundgeschwindigkeit des Belags ist hoch, aber durchaus auch in unteren Klassen beherrschbar, kombiniert mit einem entsprechenden Holz.
Topspin, Spindynamik & Halbdistanz
Die ersten Topspins sind mit dem Belag recht vielversprechend. Ich kann eine gute Rotation auf die Platte bringen und das Tempo des Schlags intuitiv bestimmen. Besonders gut gefällt mir die Topspineröffnung mit dem Jekyll & Hyde V47.5. Der Ball wird schön mitgenommen, was einen sicheren Topspin erleichtert.
Die Ballflugkurve ist aber nicht so hoch wie mit dem spinstärksten Belägen. Ich denke ein gutes Mittelmaß wurde hier getroffen. Bei Tempoverschärfungen reagiert der Belag unerwartet dynamisch, wenngleich dieser nicht sonderlich explodiert. Man kann die Geschwindigkeit perfekt aufbauen.
Allerdings muss eine ordentliche Portion eigene Kraft in den Schlag gelegt werden, damit sich das volle Potential entfaltet. Im Balltreffpunkt kann man viel mit dem Ball arbeiten, wodurch am Ende das raus kommt, was reingelegt wurde.
Aus der Halbdistanz kann ein dominantes Spiel aufgezogen werden. Der Xiom Jekyll & Hyde V47.5 bringt eine gute Mischung aus Spin und Speed mit. Lange Ralleys sind kein Problem. Jederzeit kann die Initiative ergriffen werden, was den Gegner unter Druck setzt.
Vergleiche zum Xiom Jekyll & Hyde V47.5
Beim Vergleich zu den anderen Belägen möchte ich zunächst die Eigenheiten des V47.5 präzisieren. Anders als die meisten dynamischen Beläge reagiert das Obergummi des Belags recht träge und eher wie das eines auf Rotation mit wenig Katapult ausgelegten Belags.
Das führt zu einem seltsamen Phänomen, dass zwar eine enorme Power und Geschwindigkeit aus dem Belag herauskommt, aber im Spielgefühl als Rückmeldung irgendwie nicht ankommt. Ich schiebe das auf die Noppenstruktur des Obergummis, wobei der Schwamm natürlich auch eine Rolle spielt.
Durch seine Eigenheiten kann man sehr gut auf Unterschnitt eröffnen, ohne die Rotation und Ballflugkurve vom spinstarken Belägen wie einem Xiom Vega X, Butterfly Tenergy 05 oder Nittaku Fastarc G-1 vorzufinden. Gleichzeitig ist der Belag recht präzise, aber nicht wirklich spinanfällig, wie auch dynamisch, aber nicht explosiv bzw. extrem reaktiv.
Also gibt es überhaupt vergleichbare Beläge zum Xiom Jekyll & Hyde V47.5? Abgesehen vom Ballanschlag und dem überaus gewöhnungsbedürftigen Spielgefühl reiht sich der Belag bei Belägen ein, die ein gutes Verhältnis aus Spin und Speed besitzen, aber keine der Eigenschaften wirklich dominant vertreten.
Das klassische Beispiel ist ein Butterfly Tenergy 80 bzw. der Nittaku Fastarc P-1. Was aber definitiv anders ist, ist die Dynamikentwicklung im Grenzbereich. Um es vorweg zu nehmen, der Jekyll & Hyde ist extrem gut im Schussspiel. Das erinnert mich an Beläge, die ähnliche direkte Stärken am Tisch besitzen. Mir kommt sofort der Tibhar Quantum X Pro in den Sinn.
Jedoch einen wirklich guten Vergleichsbelag kann ich nicht nennen. Der V47.5 ist wirklich etwas besonderes. Ob das immer gut ist, werde ich im Fazit näher beleuchten.
Aufschlag & Rückschlag
Im Aufschlagspiel konnte ich mit dem Jekyll & Hyde V47.5 einen guten Spin erzeugen. Schön fand ich, dass der Belag sehr direkt reagiert und sich präzise führen lässt. Im Rückschlagspiel konnte ich die Bälle ohne Probleme kurz legen. Beim aktiven Flip ist ein direkter Treffpunkt zu bevorzugen.
Dagegen gelingen Bananenflips zwar recht sicher, aber merklich ungefährlich, wenn ich das mit anderen Belägen vergleiche. Besonders hervorheben möchte ich den Spinschlag über dem Tisch. Sobald der Ball irgendwie angreifbar ist, kann man viel Druck auf die Platte bringen, ohne viele Fehler zu erzeugen. Halblange Aufschläge lassen sich punktbringend abtöten.
Block, Schuss & Ballonabwehr
Im Blockspiel ist der Xiom Jekyll & Hyde erfreulich wenig spinanfällig. Selbst späte, passive Blocks fliegen fast automatisch in einem flachen Winkel über das Netz. Bei direkten Blocks lässt sich ein guter Druck auf die Platte bringen. Gefährlich sind schnelle Konterschläge die Linie entlang. Als typischer Topspinspieler habe ich selten so viele Gegner ausgeblockt oder weggekontert.
Beim Schuss entwickelt der Belag eine enorme Power. Sobald die Bälle dominant angreifbar sind, besitzt der Xiom Jekyll & Hyde V47.5 ein eingebautes Trefferfenster für Schüsse. Genial ist das präzise, steuerbare Katapultverhalten, wodurch kaum ein Endschlag hinten raus fliegt.
Aus der Ballonabwehr heraus lässt sich der Belag gut beherrschen. Es gibt zwar Beläge, mit denen ich sicherer agieren konnte, aber kaum einen, der so gute Gegenangriffe in der Hinterhand hat. Selbst weit weg vom Tisch entwickelt der Belag ausreichend Power, um einen Gegner in die Defensive zu drängen.
Fazit zum Xiom Jekyll & Hyde V47.5
Mein Urteil zum Jekyll & Hyde V47.5 fällt tendenziell positiv aus, wobei ich selbst in manchen Spielsituationen geteilter Meinung bin. Zunächst einmal hat Xiom wirklich einen merkwürdigen, zweigleisigen Belag entwickelt, der viele Stärken besitzt, aber gleichzeitig seine Schwächen sehr deutlich macht.
Im dominanten Angriffsspiel und bei direkten Schlägen ist der Belag absolut genial. Unter den dynamisch, schnellen Belägen gibt es kaum einen, der derart präzise sich führen lässt und zugleich eine Dynamik besitzt, die sich gemäß dem eigenen Armzug steuern lässt.
Allerdings vermisse ich manchmal ein wenig Spielgefühl und Explosivität, welches ich einfach von anderen Tensoren gewohnt bin. Außerdem konnte ich nicht meinen maximalen Spin auf die Platte bringen. Ich persönlich bin sowieso bei der Eröffnung extrem sicher, weshalb mich der Belag etwas ausbremst.
Letztendlich führt die Mischung aus zwei Ansätzen immer zu einem gewissen Kompromiss, was Abstriche bei der Performance bedeuten. Dennoch finde ich den Xiom Jekyll & Hyde V47.5 gut umgesetzt, wenn einfach mal ein anderes Spielgefühl im Vordergrund stehen soll.
Ich empfehle den Belag für Spieler, die gerne direkt am Tisch agieren, wie auch sicher eröffnen wollen, aber zugleich aus der Halbdistanz nicht auf Tempo und Dynamik verzichten möchten. Zudem ist eine gewisse Schlaghärte und Armzug Grundvoraussetzung, um die wirklichen Stärken des Jekyll & Hyde V47.5 zu entfalten.
Die beste Kombination mit einem Holz hatte ich gleich am Anfang meiner Tests mit dem Xiom TMXi An Jaehyun gefunden. Mit einem Vollholz kam nicht genügend Power heraus, wobei ein besseres Ballgefühl nicht geschadet hat. Mit einem Outer Layer Carbonholz ist der Belag deutlich schwerer zu kontrollieren, wenngleich Endschläge sehr viel Power besitzen.
Der Belag, der zwei Stärken miteinander vereinen möchte, spielt sich also am besten mit einem Inner Layer Carbonholz, welches zwei Stärken miteinander vereint. Wie passend 😉