Die jüngsten Skandale im Fussball rund um die FIFA sind bekannt. Die Vergabe der Fußball Weltmeisterschaft nach Russland 2018 und Katar 2022 steht im Schatten eines Korruptionsskandals. Zudem ist zumindest die Vergabe nach Katar auch rein sportlich nicht nachzuvollziehen. Ein meiner Meinung nicht minder schwerer Fall hat sich letzte Woche im Tischtennis zugetragen. Es geht um die Vergabe einer Wildcard für den kommenden World Cup.
Auf den ersten Blick ist ja nichts spektakuläres Geschehen. Es gab Bewerber für eine weitere Wild-Card für die Teilnahme am Tischennis World Cup. Sowohl Timo Boll als auch der Schwede Anton Källberg wurden von ihren Verbänden für diesen Startplatz der ITTF vorgeschlagen. Den Zuschlag erhielt der Schwede.
Tragweite für den Tischtennissport
Die Tragweite einer solchen Entscheidung ist eine ganz andere. Der World Cup ist ein Turnier, auf dem sich die Besten der Besten messen sollen. Ein Referenz Turnier, dass Werbung für den Tischtennissport machen soll. Wenn ich also eine Wild Card vergebe, dann doch um die Attraktivität unseres Sports zu fördern. Nichts gegen Anton Källberg, aktueller Jugend Europameister und sicherlich ein großes Talent für die Zukunft, aber auf einem solchen Turnier hat der 18-jährige momentan nichts zu suchen. Es muss nicht unbedingt Timo Boll sein, es gibt so viele Spieler, die es verdient hätten ihre Fähigkeiten beim World Cup zu zeigen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, nicht für den World Cup qualifizieren konnten. Ein Michael Maze ist mir als erstes dazu eingefallen. Doch rein aus einer Gefälligkeit heraus dem Ausrichter gegenüber eine solche Entscheidung zu treffen ist mehr als Fragwürdig, da dem Ausrichter Schweden ja sowieso schon ein extra Startplatz zusteht. Einem Verband zwei Startplätze für Spieler zu vergeben, die sich nicht sportlich qualifiziert haben, ist eben Korruption und nichts anderes.
Aber warum das Herkunftsland?
Wenn ich dann Kommentare in sozialen Netzwerken lese, dass eine solche Entscheidung ja gar nicht so wild ist, zeigt mir, dass viele noch nicht verstanden haben, dass Tischtennis sich durch solche Entscheidungen selbst abschafft. Die Aussage des ITTF-Präsidenten Weikert muss man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen: „Timo ist ohne Zweifel ein exzellenter Spieler mit großartigen Erfolgen, aber für eine Wildcard sind solche Ergebnisse nahezu unbedeutend.“ Auf den ersten Blick hat er natürlich Recht. Warum die Wild Card an Timo Boll, Weltranglisten-Siebter, Vorjahres-Dritter, mehrfacher World Cup Sieger, Rekord-Europameister, Deutscher Meister, Olympiamedalliengewinner, vergeben? Immerhin hätte er sich auch sportlich qualifizieren können. Aber warum spielt dann das Herkunftsland eine Rolle? Warum wird ausgerechnet die Wild Card einem jenseits der TOP 100 platzierten Spieler vergeben, der die Nationalität des Ausrichters hat? Muss für eine Wild Card so etwas nicht auch unwichtig sein? Stimmt, eine Wild Card hat keine bestimmten Kriterien. Und dabei sollte es bleiben.
Keine Entscheidung für das Interesse der Medien
Tischtennis schafft sich ab. Durch solche Entscheidungen. Da aber das Interesse der Medien an so einer Entscheidung der ITTF nicht existiert und die meisten Tischtennisspieler auch noch nicht begriffen haben, was da wirklich passiert ist, und zwar Korruption, kann die ITTF auch in Zukunft solche Fragwürdigen Entscheidungen treffen. Die Änderungen an unserem Sport in den letzten Jahren sollen das Interesse der Medien wecken. Und wenn ein Aushängeschild unseres Sports wie Timo Boll nicht zum World Cup gehen darf wird dies sicherlich nicht dazu beitragen.
Tragisch für Timo Boll
Abgesehen von dem Vorgang tut es mir persönlich auch für Timo Boll sehr leid, da er in den vergangenen Turnieren meiner Meinung nach so nahe an den Chinesen dran war wie schon lange nicht mehr. Und falls kein anderer Europäer sich verletzt und wir Timo nicht beim World Cup sehen, hier nochmal ein Zusammenschnitt des World Cup Halbfinals gegen Zhang Jike aus dem vergangenen Jahr, bei dem Boll seinen Konkurrenten über die volle Distanz gezwungen hat und am Ende nur knapp unterlag.