Die Tischtennisnation China dominiert auch bei den diesjährigen Olympischen Sommerspielen in Rio das Geschehen nach Belieben. Auffällig ist dabei, dass alle Topspieler und Topspielerinnen einen sehr harten Chinabelag auf der Vorhand spielen, während die Rückhandseite meistens mit einem Tenergy Belag beklebt wurde.
Die Tischtennismarke Stiga hat kürzlich einen modernen, mit chinesischem Obergummi ausgestatteten, Tischtennisbelag herausgebracht, den Stiga Genesis M. Kombiniert mit dem nicht ganz so harten, japanischen Schwamm soll dieser auch auf dem europäischen Markt eine große Kundengruppe ansprechen.
Erst kürzlich habe ich einen, vom Konzept her, ähnlichen Belag getestet: Den Yasaka Rising Dragon. Darum werde ich mich immer wieder um Vergleiche zwischen den beiden modernen Chinabelägen bemühen. Mehr Vergleiche in den Testberichten bzw. mehr Vergleichstest sind aktuell auch hoch im Kurs in meiner aktuellen Umfrage, bei der ihr gerne noch abstimmen dürft.
Technische Eigenschaften des Stiga Genesis M
Nach dem Öffnen der Belagverpackung und dem Abziehen der Schutzfolie habe ich mir zunächst das Obergummi angeschaut. Dieses kommt extrem griffig daher, ist aber in keiner Weise klebrig, was doch eher untypisch für Chinabeläge ist (Edit: Zum dritten Training hin ist die Belagoberfläche nun leicht klebrig. Habe den typischen Ballaufhebtest gemacht. Der Ball bleibt kurz kleben nach dem Andrücken und Aufheben. Spieleigenschaften bleiben aber gleich). Mir kommt das Obergummi sehr hochwertig vor, dementsprechend besser als es beim Rising Dragon war. Die Noppenstruktur hat einen durchschnittlichen Durchmesser, allerdings sind die Noppen relativ kurz ausgelegt.
Der Schwamm besitzt relativ kleine Poren und kann elastisch zusammengedrückt werden. Als Gesamthärte würde ich den Belag in die Kategorie der medium-harten Angriffsbeläge einordnen, die einen 47,5° Schwamm besitzen.
Das Gewicht des Stiga Genesis M (rot 2,0) beträgt mit Verpackung 103g. Ausgepackt und ungeschnitten macht das 62g. Im geschnittenen Zustand (Stiga Standard-Maß) kommt der Chinese auf nur 43g! Das ist schonmal der erste positive Aspekt am Belag.
Spieleigenschaften des Stiga Genesis M
Mit beiden Genesis Belägen auf dem Schläger habe ich mich eingekontert. Der Stiga Genesis M wirkte, wie zu erwarten, sehr katapultarm und direkt im Anschlag. Das Grundtempo bei den lockeren Schlägen ist daher relativ moderat.
Wird jedoch mit dem Stiga Genesis M die Schlaghärte erhöht, so entwickelt der Belag eine erstaunlich gute Dynamik. Am Tisch kann so, auch bei der Eröffnung auf Unterschnitt, relativ einfach mit viel Tempo und Rotation eröffnet werden. Was mir im Vergleich zum Yasaka Rising Dragon besser gelang, waren auch die weichen Eröffnungstopspins. Die Ballflugkurve ist etwas höher und gekrümmter, wodurch das Topspinspiel variabler gestaltet werden kann.
Der Gegentopspin als Paradedisziplin
Die Paradedisziplin des Stiga Genesis M ist der Gegentopspin oder Schlagspinschuss am Tisch. Mit sehr kurzen Bewegungen und einem sehr flachen, frühen Balltreffpunkt entwickelt der Genesis M extrem viel Power, wodurch dem Gegner die Bälle schnell, hart und präzise serviert werden können. Das Obergummi greift den Ball dabei exakt, was jeglicher Form von früh getroffenem Topspin und Gegentopspin eine hohe Schlagqualität verleiht.
Die traditionelle Schwäche von Chinabelägen ist das Spiel aus der Halbdistanz. Durch die gute, explosive Dynamik des Stiga Genesis M kann aber auch dort eine gute Performance entwickelt werden. Ganz klar liegen dennoch die Stärken in der Kurz- und Mitteldistanz, wobei die Variabilität und Dynamik im Vergleich zu anderen Chinabelägen schon beeindruckt hat.
Gefährliches Aufschlagspiel und knallharte Flips
Im Aufschlagspiel profitiert der Genesis M von seinem griffigen Obergummi, dass sehr viel Rotation erzeugt. Dadurch kann sehr gefährlich aufgeschlagen werden. Das Rotationsniveau ist bei allen Schlägen sehr gut und der Belag ordnet sich in der Spinentwicklung im oberen Drittel des Belagspektrums an.
Beim Rückschlag, besonders passiv, ist dann eine hohe Spinanfälligkeit spürbar. Aktive Schupfbewegungen und eine früher Balltreffpunkt sind sehr zu empfehlen, um die Fehlerquote niedrig zu halten.
Dafür gefallen mir die Angriffsoptionen des Stiga Genesis M im Spiel über dem Tisch. Etwas zu hohe Aufschläge können schnell, hart und trocken weggeflippt werden. Auch der spinstarke Bananenflip gelingt aus allen Lagen problemlos, wobei dabei etwas mehr eigener Katapult gut wäre.
Block, Schuss und Ballonabwehr
Im Blockspiel gefällt mir, einem offensiv denkenden Spieler, der den Block als Vorbereitung auf die eigenen Angriffsaktionen sieht, der Genesis M überraschend gut. Bei passiven Blockbällen muss zwar der Schlägerwinkel immer gut angepasst werden, dafür kann der Ball sehr präzise platziert werden. Aktive Blocks entwickeln sehr viel Power und tauchen extrem flach weg, wodurch der Gegner nur weich und hoch anziehen kann. Diese harmlosen Topspins können dann mit harten Endschlägen abgetötet werden.
Im Schussspiel ist der Genesis M überragend. Es kann sehr hart und mit viel Power agiert werden und die Gegner förmlich von der Platte weggeschossen werden. In der Ballonabwehr hat der Belag schon einige Defizite. Zum einen besitzt der Belag zu wenig eigenen Katapult und die Spinanfälligkeit führt zu sehr vielen leichten Fehlern. Typischen „Bagger“-Spielern würde ich den Belag nicht empfehlen.
Fazit zum Stiga Genesis M
Der Stiga Genesis M ist für mich der Inbegriff des modernen Chinabelags, der für das europäische Spiel ausgelegt ist. Am Tisch genießt man die typischen Vorzüge eines harten und kompromisslosen Angriffsspiels. Dennoch ist der Belag dynamischer und variabler einsetzbar als vergleichbare Beläge, wie dem Yasaka Rising Dragon.
Die große Stärke ist der Gegentopspin, bei dem sehr viel Tempo, Power und Rotation entwickelt wird. Als einzige große Schwäche sehe ich die Spinanfälligkeit, die aber für Spieler mit hohem Trainingsaufwand kein Problem darstellen sollte.
Interessant fände ich es auch, dem Stiga Genesis M eine oder zwei Schichten Tuner zu verpassen. Dadurch könnte noch mehr Katapult die schon sehr guten Spieleigenschaften unterstützen.
Für typische Chinabelagspieler, die nun etwas variabler spielen wollen, wäre der Genesis M auch einen Versuch wert. Allerdings ist der Belag nicht klebrig und vom Spielgefühl anders als gewöhnliche Chinabeläge, was wohl eine Umstellung erforderlich macht. Auch die Ballflugkurve ist etwas gekrümmter, wenngleich immer noch relativ flach.