Ab der Saison 2016/2017 wird der Plastikball in den höchsten deutschen Tischtennisligen verpflichtend eingeführt. Bisher war die Verwendung des Plastikballs, anders als auf nationaler und internationaler Ebene bei Einzelturnieren, im Mannschaftssport nur als Empfehlung eingeführt worden. Faktisch wurde aber schon fast durchgängig mit den neuen Bällen gespielt.
So langsam geht es Schrittweise dem altbekannten Zelluloidball an den Kragen. Wir werden wohl in den nächsten Jahren eine verpflichtende Einführung bis in die unteren Ligen erleben, die in homöopathischen Dosen uns serviert wird.
Ob gewollt oder nicht, so langsam müssen wir daher Abschied vom Zelluloidball nehmen, der seit 1890/91 im Tischtennissport im Einsatz ist. Und das fällt vielen schwer, spielt sich der neue Plastikball schonmal völlig anders. Hinzu kommt, es gibt ja nicht nur „den Plastikball“, sondern allein schon zwei grundsätzlich unterschiedliche Produktionsweisen. Zum einen werden wie in der Tradition zwei Hälften miteinander verklebt. Dies kann man sehr schön an der typischen, inneren Naht des Tischtennisballs sehen. Zum anderen gibt es auch Plastikbälle ohne Naht, die, was sich auch auf die Spieleigenschaften auswirkt, mit einer patentierten Produktionstechnik hergestellt werden.
Doch was ist anders als bisher?
Was viele nicht wissen, der Plastikball 40+ ist faktisch größer als der Zelluloidball. Mit der neuen Ausrichtung der ITTF, in Zukunft auf Plastik zu setzen und dem Gefahrenstoff Zelluloid den Rücken zu kehren, wurden die Toleranzen für die Produktion heraufgesetzt. War ein Zelluloidball mit einer Toleranz von 39,5mm bis 40,5mm erlaubt, so dürfen zugelassene Plastikbälle nur noch im Bereich von 40,0mm bis 40,6mm hergestellt werden. Natürlicherweise produzieren die Tischtennisfirmen an der unteren Grenze, sodass ein Höchstmaß an attraktiven Spieleigenschaften und verbesserter Haltbarkeit gewährleistet wird. Durchschnittliche Zelluloidbälle besitzen eine Größe von 39,6mm Durchmesser. Dagegen sind Plastikbälle 40,1 bis 40,2mm groß.
Allein schon aufgrund der minimalen Vergrößerung der Bälle leiden die Spieleigenschaften. Es ist weniger Rotation möglich als zuvor. Zudem sind die größeren Plästikbälle natürlich auch langsamer. Hinzu kommt noch, dass die bisherigen Plastikbälle härter und unelastischer als die Zelluloidbälle sind. Dadurch entsteht eine völlige veränderte Absprungcharakteristik als zuvor.
In meinen Tests der Plastikbälle zeigt sich, dass diese Bälle viel linearer als gewohnt fliegen. Selbst bei einem starken Sidespinball, der zuvor eine ordentliche Kurve hervorgerufen hat, fliegt der Ball mehr nach vorne. Im Aufschlag-Rückschlagspiel wirken sich die veränderten Eigenschaften sehr deutlich aus. Es kann viel leichter über dem Tisch eröffnet werden. Auch im Topspinspiel kommt weniger Rotation beim Gegner an. Diese geht wohl in der Ballflugphase, als auch beim veränderten Kontakt zur Tischtennisplatte, verloren.
Die Haltbarkeit der ersten Plastikbälle war eine grundlegende Katastrophe. Sowohl die Plastikbälle mit als auch ohne Naht waren nicht vollständig rund, sodass die Bälle beim Ausdrehen sich nicht perfekt gedreht haben. Eine weitere Folge war, dass durch die fehlerhafte, einseitige Belastung beim Schlag die Bälle sehr schnell kaputt gegangen sind. Dieser Eindruck ist dann bei vielen hängen geblieben und hat weitere Tests, sofern mit dem Zelluloidball weiter gespielt werden konnte, unattraktiv gemacht. Die jetzigen getesteten Plastikbälle sind besser, wobei immer noch der eine oder andere Eierball dabei ist.
Wie reagieren die Vorreiter, also die Tischtennisprofis, auf den neuen Ball?
Mehrere Tischtennisprofis haben sich zu Anfang über die schlechte Haltbarkeit beklagt. Diese ist, wie gerade schon geschrieben, im Laufe der Zeit besser geworden. Im Grunde haben sich für die Tischtennisprofis, die sich bisher geäußert haben, zwei Bälle hervorgetan. Zum einen der Nittaku 40+ Premium Ball und der Butterfly G40+.
Da der Ball langsamer als zuvor ist, verwenden viele Profis nun schnellere Hölzer. Dimitrij Ovtcharov oder Tiago Apolonia sind gute Beispiele dafür.
Die Antwort der Tischtennisindustrie: Weichere Obergummis
Der Plastikball ist härter als seine Zelluloid-Vorgänger. Deshalb wirken weichere Beläge mit hauptsächlich weicheren Obergummis angenehmer und es ist leichter Spin zu kreieren. Im Endeffekt kommt aber nicht mehr heraus.
Und sog. „Polyball-Ready“ Beläge sind mal mehr, mal weniger wirklich für den Plastikball konstruiert worden. Daher rate ich beim Kauf von neuen Belägen darauf nicht zu achten.
Man muss sich einfach darauf einstellen, dass weniger Rotation im Spiel ist und die Flugkurven oder der Ballkontakt zum Tisch ist unterschiedlich. Auch das Spielgefühl ist direkter als zuvor, was nach ein paar Trainingseinheiten nicht mehr stören sollte.
Was halten die Plastikbälle aus?
Zunächst einmal wirkt es so, als ob Plastikbälle schneller kaputt gehen. Größere Bälle bei gleicher Wanddicke resultiert in etwas höherem Verschleiß. Dazu kommt, dass die ersten Platikbälle nicht perfekt rund waren.
Außerdem zeigt sich, dass Zelluloidbälle auf eine andere Art kaputt gehen. Im Spielen erhalten Zelluloidbälle oftmals zunächst nur sehr kleine Risse, die kaum Auswirkungen auf die eigentlichen Spieleigenschaften haben. Allmählich werden diese kleinen Risse größer und der Ball fängt an unkonstant zu fliegen. Außerdem ist nun das typische „Kaputtgeräusch“ des Balles zu hören. Dieses ist bei allen Plastikbällen mehr oder weniger schon von anfang an hörbar, was bei der Umstellung auf das Plastik sehr irritieren kann.
Bekommt der Plastikball hingegen einen Riss, dann wird sofort deutlich, dass dieser kaputt ist. Es kommt sogar manchmal vor, dass der Ball sofort platzt und gar nicht mehr abspringt.
Wahrscheinlich gehen Zelluloidbälle oftmals viel früher kaputt als es bemerkt wird. Dennoch sind diese auch mit kleinen Rissen länger spielbar und behalten ihre Spieleigenschaften, wodurch es zunächst unbemerkt bleibt.
Also geht der Plastikball sowohl gefühlt, als auch faktisch, häufiger kaputt als sein Zelluloid Pendant.
Welchen Plastikball soll ich mir zulegen?
Meine Tests haben gezeigt, dass sich drei verschiedene Bälle unter allen Plastikbällen besonders ausgezeichnet haben.
Der Hanno Plastikball
Das wäre zum einen der Hanno Ball, der nahtlos hergestellt wird. Die herausragende Spieleigenschaft des Hanno Balles ist dessen Haltbarkeit. Selbst nach etlichen Spielstunden zeigte der Plastikball der Marke Hanno keine Risse oder ähnliches. Leider ist aber dessen Absprungverhalten sehr ungewöhnlich und es ist kaum Rotation in den Schlägen. Zu guter letzt wird der Ball nach einiger Zeit extrem glatt, was die rotationsarme Eigenschaft noch verstärkt
Nittaku Premium 40+
Der Nittaku Premium 40+ zeichnet sich durch eine extrem gute Rundheit aus, die die beste Haltbarkeit aller Plastikbälle mit Naht bewirkt. Der Klang ist dem Zelluloidball am ähnlichsten. Auch die Spieleigenschaften wie Rotationsmitnahme und Ballabsprung kommen dem gewohnten Zelluloidfeeling sehr nahe. Leider ist der Nittaku Premium 40+ auch der teuerste Ball auf dem Markt, wodurch sich die Frage stellt, ob das ganze sich dann noch lohnt.
Butterfly G40+
Ähnlich wie der Nittaku Premium 40+ besitzt auch der in Deutschland hergestellte Butterfly G40+ eine exakte Rundheit und eine gute Haltbarkeit. Anders sieht es beim Klang aus. Der Butterfly G40+ hat einen der grauenvollsten Sounds, die ich je gehört habe. Auch das Absprungverhalten ist gewöhnungsbedürtig, wenngleich konstant.
Weitere Plastikbälle
Alle anderen getesteten Bälle aus den chinesischen Produktionswerken schwanken doch sehr. Mal bekommt man eine gute Charge, mal nicht. Grundsätzlich sind die Spieleigenschaften ganz ok, aber die Haltbarkeit ist am schlechter als mit den vorher erwähnten Plastikbällen.
Mein Fazit
Ich rate dazu, jeden Ball vor dem Spielen auszudrehen. Es hat sich gezeigt, dass unrunde Plastikbälle extrem schnell das zeitliche Segnen, während runde Exemplare wenigstens einigermaßen spielbar sind.
Mein persönlicher Favorit ist der Nittaku Premium 40+ Ball, während mein Abteilungsleiter wohl den Hanno Plastikball auswählen wird, sobald Plastikbälle in allen Klassen verpflichtend eingeführt werden. Ist halt ein Sparfuchs 😉 Ich denke dies wird in 2-3 Jahren der Fall sein.
Wie sieht die Zukunft mit dem Plastikball aus? Ich denke nach einer zumutbaren Katastrophe. Zwar unterscheiden sich die Spieleigenschaften vom ursprünglichen Zelluloidball, aber man kann sich daran recht schnell gewöhnen. Für eine verbesserte Haltbarkeit schlage ich dickere Wandstärken vor, aber dazu muss die ITTF (-> Tischtennisindustrie) die Notwendigkeit sehen. Und das ist aus monetären Gesichtspunkten doch sehr zu bezweifeln.
Ich bleibe dabei. Das Spielen mit dem Zelluloidball ist schöner und hat mehr Rotationsmöglichkeiten. Aber aufhören werde ich ganz sicher nicht. Ich lasse mich nicht von ein bisschen Plastik beeinflussen 😉